19. Juni 2020

Volksinitiative "FAIRE RENTE" in der SVZ

Mit einer betrieblichen Altersvorsorge hatte Wilfried Mußfeldt gut für seinen Ruhestand vorgesorgt. Doch als es an die Auszahlung ging, erlebte er eine Überraschung. Von den rund 50 000 Euro gingen nicht nur Steuern runter, sondern auch noch Beiträge zur Krankenversicherung – und das gleich doppelt. Am Ende waren insgesamt rund 20 000 Euro weg. „Ich habe mich maßlos darüber geärgert“, sagt der 68-Jährige. „Als ich die Verträge abgeschlossen habe, mussten auf diese Betriebsrenten noch keine Krankenkassenbeiträge gezahlt werden.“ Als seine Widersprüche abgelehnt wurden, wollte er nicht nur jammern, sondern etwas tun. Ende 2019 wurde er Mitglied des Vereins der Direktversicherungsgeschädigten (DVG) und ist inzwischen deren Sprecher in MV. „Dieses Problem betrifft viele Menschen, sie wissen es nur noch nicht.“

Widerstand gegen Doppelverbeitragung
Wilfried Mußfeldt erklärt: „Freiwillige zusätzliche Rentenversicherungen gibt es schon lange, seit 2002 sind Arbeitgeber verpflichtet, so etwas anzubieten. Doch als die Krankenkassen massive Beitragsprobleme hatten, ist 2004 mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz entschieden worden, dass auf all diese Renten bei Auszahlung der volle Beitragssatz der jeweiligen Krankenkasse zu zahlen ist.“ Bei der gesetzlichen Rente werde dagegen nur der halbe Beitragssatz fällig, die andere Hälfte trägt die Rentenversicherung. „Den eigenen Beitragsanteil zu zahlen, ist auch in Ordnung. Wir wenden uns gegen die Doppelverbeitragung.“ Viele Menschen hätten in diese Versicherungen eingezahlt unter der Prämisse, dass keine Krankenkassenbeiträge fällig werden. „Eine Stichtagsregelung, die Altverträge schützt, gibt es jedoch nicht.“

Problem der Bundespolitik bekannt
Das Problem ist in der Bundespolitik bekannt – und wurde auch schon angepackt. Aus Sicht von Wilfried Mußfeldt allerdings mit mäßigem Erfolg. „Bis 2019 gab es eine Freigrenze von rund 155 Euro pro Monat“, erklärt der Ludwigsluster. „Auf alle Renten, die unter dieser Grenze lagen, mussten keine Krankenkassenbeiträge gezahlt werden. Lag die Rente darüber – und wenn auch nur um einen Cent – musste auf die volle Summe der volle Beitrag gezahlt werden.“ Die Freigrenze wurde dann durch einen Freibetrag ersetzt. Der Unterschied: Auf die ersten 159,25 Euro müssen keine Beiträge gezahlt werden, sondern nur für darüber liegende Rentenzahlungen. „Herr Spahn (Gesundheitsminister, d.Red.) hat zwei Jahre mit der großen Rentenkommission getagt, um in dieser Sache den großen Sprung zu machen. Herausgekommen ist ein Reförmchen.“
Der Freibetrag sorge dafür, dass nun insgesamt rund 50 Prozent der sechs bis acht Millionen Betriebsrentner keine Beiträge zur Krankenversicherung zahlen müssen.

Info-Veranstaltungen coronabedingt vertagt
Der DVG kämpft gegen die seiner Ansicht nach ungerechte Regelung und wächst. „2015 waren es rund 40 Mitglieder, jetzt sind es etwa 3500, Tendenz steigend“, erklärt Wilfried Mußfeldt. Er ist angetreten, um die Betroffenen in unserer Region über die Probleme rund um Betriebsrenten und Direktversicherungen aufzuklären. Dazu hatte er bereits Info-Veranstaltungen geplant, die coronabedingt erst einmal vertagt werden mussten. Aber aufgeschoben soll nicht aufgehoben sein, auch wenn noch keine Termine feststehen. „Für viele Menschen wird das böse Erwachen kommen, wenn sie in den Ruhestand gehen und die erwartete Einmalzahlung aus der betrieblichen Altersvorsorge nicht reicht, um das Darlehen fürs Haus abzulösen“, erklärt er ein Beispiel. Betroffen seien alle Menschen, die im öffentlichen Dienst arbeiten, in der Ludwigsluster Region etwa in der Kreisverwaltung, der Stadtverwaltung, in Schulen, Altenpflegeheimen, kommunalen Kindergärten oder im Krankenhaus. Und Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft, die über ihren Arbeitgeber in eine Betriebsrente einzahlen. „Da weiß man, wie viele Leute das sind“, so Mußfeldt.

Volksinitiative gestartet
Mit den Freien Wählern hat sich auch eine politische Gruppierung dieses Thema auf ihre Fahnen geschrieben. „Wir haben eine Volksinitiative gestartet und sammeln Unterschriften, um den Landtag zu zwingen, sich mit dem Thema zu befassen“, erklärt Philipp Lübbert. Ziel sei, dass die Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten initiiert, so Wilfried Mußfeldt, der sich politisch auch bei den Freien Wählern engagiert. 15 000 Unterschriften sind nötig, um das Thema in den Landtag zu heben. Die Testphase sei positiv gewesen, so Philipp Lübbert. Es müsste diesmal einfacher sein, die Unterschriften zusammenzubekommen, als bei der Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, so Mußfeldt. „Weil es so viele Menschen direkt betrifft.“ Die Unterschriftensammlung ist nach seiner Aussage mit der Landeswahlleiterin abgestimmt. Die Formulare dafür gibt es im Internet auf der Seite faire-rente.com oder über die Homepage des DVG, der schon länger Unterschriften für eine Petition sammelt.
Für Wilfried Mußfeldt ist es Zeit, die Regel zum Nachteil der Betriebsrentner zu verändern. „Die Regelung war entstanden, als es den Krankenkassen schlecht ging“, sagt der DVG-Sprecher. „Seitdem hatten sie bis Ende 2019 Rücklagen von 13 Milliarden Euro aufgebaut.“ Man hätte schon längst etwas tun können – bevor die Corona-Krise kam, die auch die Krankenkassen viel Geld kosten wird.

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